Was genau ist ein Passivhaus?

Ein Passivhaus funktioniert im Prinzip wie eine Thermoskanne: Rundum dicht gedämmt, hält es Wärme lange im Gebäude. Sonneneinstrahlung durch große Südfenster sowie Wärme, die Bewohner, elektrische Haushaltsgeräte usw. abgeben, reicht an normalen Tagen aus, um im Gebäude „passiv“ angenehme Temperaturen zu erzielen. Eine zusätzliche „aktive“ Heizung wird nur an wenigen Wintertagen sowie für das Warmwasser benötigt. Damit keine Wärme unnötig durch Fensterlüftung ins Freie gelangt, wird ein Passivhaus über eine Lüftungsanlage mit Wärmetauscher mit frischer Luft versorgt. Damit dieses Grundprinzip funktioniert, müssen einige bauliche Standards erfüllt sein:

Wärmedämmung: Das Haus ist ringsherum, also auch unter dem Keller bzw. der Bodenplatte, bestens gedämmt. Die Außenwände haben dadurch eine Dicke von 40-50 cm. Sie halten die Wärme im Innern des Hauses fest und sorgen für relativ hohe Oberflächentemperaturen der Wände. Das bedeutet zum einen mehr Behaglichkeit im Raum und zum anderen keine Schimmelbildung an kalten Außenwänden. 

Luftdichtheit: Wichtig ist zusätzlich zur Wärmedämmung auch eine luftdichte Hülle. Überprüft wird diese Luftdichtheit mit dem sogenannten „Blower-Door-Test“. Sie verhindert zum einen Wärmeverluste und zum anderen Schäden an Gebäudeteilen durch Kondenswasser, das sich in Ritzen und Fugen bilden würde.

Wärmebrückenfreie Konstruktion: Wärme sucht sich ihren Weg vom beheizten Raum nach draußen. Alle Stellen, wo ihr das gelingt, sind sogenannte Wärmebrücken. Im Passivhaus ist durch spezielle Bauweisen alles so konstruiert, dass die warme Innenluft von der kalten Außenluft komplett getrennt bleibt.

Warmfenster: Fenster sind wesentlich dünner als Wände und dadurch verantwortlich für einen Großteil der Wärmeverluste. Passivhausfenster hingegen sind sogenannte Warmfenster, die durch Dreischeibenverglasung, einen speziell gedämmten Rahmen und Randverbund sowie eine optimierte Einbautechnik Sonnenenergie nach drinnen, aber kaum Wärme nach draußen leiten.

Lüftung: In normalen Häusern gelangt frische Luft durch Ritzen und Fugen sowie durch geöffnete Fenster und Türen ins Haus. Das bedeutet jedoch enorme Wärmeverluste, die im Passivhaus so weit wie möglich reduziert werden sollen. Für angenehme und gesunde Raumluft sorgt im Passivhaus daher eine Lüftungsanlage. Dabei wird die vorhandene Wärme in einem Wärmetauscher von der verbrauchten an die frische, einströmende Luft „übergeben“. Trotzdem dürfen und können natürlich jederzeit Fenster oder Türen geöffnet werden.

Heizung: Das Passivhaus wird vor allem passiv über Sonneneinstrahlung beheizt. Weitere Wärmequellen sind die Körperwärme von Menschen und Haustieren sowie Haushaltsgeräte wie Backofen, Fön, Toaster oder Wäschetrockner. Wenn an kalten, trüben Wintertagen zusätzliche Heizenergie benötigt wird, ist es prinzipiell möglich, das Passivhaus über eine geeignete Lüftungsanlage zu heizen. Alternativ ist aber auch jede gängige Form von Flächenheizung, Bauteilaktivierung oder Heizkörpern möglich.

Was ist der Hauptvorteil, wenn man im Passivhausstandard baut?
Man baut für die Zukunft. Klimaschutz und Energiesparen werden immer dringlicher, und das Passivhaus ist der richtige Weg. Gerade Wohngebäude bieten ein riesiges Potential - etwa 40 % des klimaschädlichen CO²-Ausstoßes werden derzeit von „undichten“ Wohnhäusern verursacht.

Wie viele Passivhäuser gibt es schon?
Weltweit sind es bisher etwa 30.000 – genug also, um sicher sagen zu können, dass das Konzept funktioniert. Wir reden also nicht von exotischen Prototypen, sondern von einem sehr gut erforschten und erprobten Baustandard.

Was ist mit den Mehrkosten?
Die Mehrkosten, die durch Dreischeibenverglasung, besonders gute Dämmung von Dach und Wänden sowie die Lüftungsanlage entstehen, werden nach aktuellen Berechnungen durch gesparte Energiekosten bereits nach etwa zehn Jahren wettgemacht. Und ab da bleibt das Ersparte im eigenen Geldbeutel.

Wie viel Energie verbraucht ein Passivhaus im Vergleich zu einem „normalen“ Haus?
Ein Passivhaus verbraucht etwa 90 % weniger Heiz-Energie als ein Altbau und etwa 75 % weniger als ein durchschnittlicher Neubau. Für ein Passivhaus würde man umgerechnet 1,5 l Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr benötigen – das ist wesentlich weniger als bei einem Niedrigenergiehaus.

Woran erkenne ich einen guten Passivhausplaner?
Es gibt eine Zusatzausbildung sowie eine Prüfung beim Passivhausinstitut Darmstadt. Alle „Zertifizierten Passivhausplaner“ sind zum Beispiel im Internet unter www. passivhausplaner.eu aufgelistet. Darüber hinaus ist der Passivhauskreis Ortenau e.V. eine gute Anlaufstelle. Dieser Verein wurde 2010 gegründet mit dem Ziel, den Passivhausstandard in der Ortenau bekannter zu machen und mit den zahlreichen Vorurteilen aufzuräumen.

Eignet sich jedes Gebäude für den Passivhausstandard?
Grundsätzlich ja. Wohnungs-, Gewerbe-, Industriebau – überall bedeutet ein Passivhaus enorme Vorteile für Nutzer und Umwelt. Es gibt sogar schon Städte wie Frankfurt, Hannover und Freiburg, die für alle städtischen Bauprojekte Passivhausstandard vorschreiben. Schulen zum Beispiel sollten heutzutage eigentlich nur noch als Passivhaus gebaut werden – miefige Klassenzimmer und „beheizte“ Schulhöfe durch häufiges Lüften würden dann nämlich der Vergangenheit angehören.

Kann ein Altbau in ein Passivhaus verwandelt werden?
Prinzipiell ja: Dämmung, luftdichte Hülle, Lüftungsanlage und Fenster können überall nachgerüstet werden. Ein Problem bleiben jedoch Wärmebrücken, die nicht so einfach aus der Welt zu schaffen sind. Welche Passivhauskomponenten sich beim Altbau lohnen, muss daher von Fall zu Fall berechnet und entschieden werden.

Auch wenn Passivhäuser bautechnisch heute absolut gut realisierbar und bezahlbar sind, scheinen sie sich in der Fläche noch nicht durchzusetzen. Woran liegt das?
Es kursieren viele Gerüchte rund um das Passivhaus, die zu Vorurteilen führen. Am verbreitetsten ist der Mythos, dass man die Fenster nicht öffnen kann und darf. Das schreckt viele Bauherren ab. Passivhausplaner freuen sich daher über jeden, der sie anspricht und fragt: „Was ist eigentlich ein Passivhaus, wie funktioniert das?“ Im Gespräch können sie schnell sämtliche Bedenken ausräumen. Genau aus diesem Grund wurde übrigens der Passivhauskreis Ortenau e.V. gegründet, und genau aus diesem Grund gibt es deutschlandweit die „Tage des Passivhauses“: um die Bevölkerung zu informieren und diese Vorurteile aus der Welt zu schaffen.

Absolut dichte Gebäudehülle, besondere Fenster und Lüftung mit Wärmerückgewinnung – Komponenten, die heute bereits sehr viele Häuser, gerade im Fertigbaubereich, aufweisen. Wird das Prinzip „Passivhaus“ kopiert oder gar überholt?
Das Passivhaus kann man nicht kopieren, da es kein Produkt einer bestimmten Firma ist. Diese Idee, diese Technologie steht jedem offen, der ein Passivhaus bewohnen möchte, und ist mit den verschiedensten Firmen realisierbar. Viele Häuser, auch Fertighäuser, erfüllen heute den Effizienzhaus-55-Standard nach den Kriterien der KfW – dank dieser Komponenten, die ursprünglich für das Passivhaus entwickelt bzw. optimiert wurden. Das ist ein guter Weg in die richtige Richtung, aber eben noch nicht das Optimum, das in Bezug auf Energieeinsparung nur mit einem Passivhaus erreicht werden kann.

Mit so genannten Energie-Plus-Häusern sollen Bauherren auf Dauer über die Einspeisevergütung oder den Betrieb des eigenen Elektroautos sogar Gewinne erzielen können. Hat hier das Passivhaus dennoch die Nase vorn, und warum?
Beim Passivhausstandard ist es zunächst das Wichtigste, den Energieverbrauch auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Dann kann man natürlich noch eine Stufe draufsetzen und die wenige Energie, die man noch benötigt, regenerativ erzeugen. Das ist prinzipiell ein guter Gedanke, macht aber nur dann wirklich Sinn, wenn die Grundlage ein Passivhaus ist: Die Energie, die erst gar nicht benötigt wird, schont die Umwelt letztendlich immer noch mehr als regenerativ erzeugte. Zudem sind Energie-Plus- oder Plus-Energie-Häuser Produkte diverser Anbieter, denen kein gemeinsamer, definierter Standard zugrunde liegt wie beim Passivhaus.

Für den Bau eines Passivhauses gewähren die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und einige Gemeinden Kredite und Zuschüsse. Muss der Bauherr dafür den PHPP-Standard des Passivhaus Instituts Darmstadt nachweisen?
Die KfW fördert im Rahmen ihrer Förderprogramme KfW-Effizienzhaus 55 und 40 auch Häuser, die im Passivhausstandard gebaut werden. Darüber hinaus gibt es regional auf Gemeindeebene weitere Fördermöglichkeiten. Wer eines der Förderprogramme in Anspruch nimmt, muss nachweisen, dass der vom Passivhaus Institut vorgegebene Standard nach PHPP eingehalten wird. Diese Berechnungen muss der Passivhausplaner durchführen und bestätigen.